Durch die Kraft der Musik
Die mehrteilige biographische Comic-Reihe „Durch die Kraft der Musik“ zum Leben und Wirken Kurt Masurs führt mit dem bereits dritten Band „Kurt & Leipzig am 9. Oktober 1989“ als bedeutender Baustein auf das Kurt Masur Centennial 2027 hin. Der Comic lädt Leserinnen und Leser jeden Alters dazu ein, sich von Kurt Masur inspirieren zu lassen.
Ein Projekt der Kurt Masur Centennial GmbH in Kooperation mit dem Internationalen Kurt Masur Institut
Auf dem Weg zum 9. Oktober
10. Juni 1989: Unter dem Motto "Freiheit mit Musik" wollen Leipziger Oppositionsgruppen in der Innenstadt ein Festival für alternative Musik- und Künstlergruppen organisieren. Die Behörden verbieten die Veranstaltung.
Als direkte Reaktion auf die Gewalt gegen das Festival findet am 28. August 1989 die Veranstaltung "Straßenmusik in Vergangenheit und Gegenwart" als Teil der "Begegnungen im Gewandhaus" statt. Gewandhauskapellmeister Kurt Masur lädt dazu ein. Hier gibt er die Gelegenheit für einen ersten politischen Meinungsaustausch im geschützen Raum.
In der Nikolaikirche versammeln sich seit 1981 regelmäßig Friedens-, Umwelt- und Menschenrechtsgruppen zu Friedensgebeten. Am Montag, den 4. September 1989, bleiben im Anschluss erstmals etwa 1.000 Menschen auf dem Vorhof der Kirche und fordern "Stasi raus" und "Reisefreiheit statt Massenflucht". Obwohl viele eine gewalttätige Niederschlagung der Proteste fürchten, versammeln sich in den folgenden Wochen mehr und mehr Menschen.
Am 2. Oktober 1989 äußert Kurt Masur angesichts polizeilicher Übergriffe bei Demonstrationen in einem ARD-Interview den Satz: „Ich schäme mich.“ Es ist das erste Mal, dass sich eine bedeutende Persönlichkeit offen von der Staatsgewalt distanziert.
Im Zuge der zunehmend gewalttätigen Reaktion des Staates auf die Proteste wird am 5. Oktober 1989 die „Willenserklärung der Mitarbeiter des Gewandhauses für einen sinnvollen Dialog“ verfasst, in der Musiker und Verwaltungsangestellte den gewaltfreien Dialog über die Verhältnisse im Land fordern.
Die SED-Bezirksleitung weiß, dass am 9. Oktober 1989 wieder eine Montagsdemonstration im Anschluss an das Friedensgebet in der Nikolaikirche geplant ist. Um "mögliche Provokationen im Keim zu ersticken", lässt die SED 3.000 bewaffnete und 5.000 "gesellschaftliche" Kräfte in Bereitschaft versetzen. 700 treue Genossen werden zur Nikolaikirche beordert, um die Kirchenbänke zu blockieren.
Chronik des Tages
Es herrschte in Leipzig seit dem Morgen eine bedrückende und angespannte Atmosphäre. Polizei, Armee und Kampfgruppen waren in Alarmbereitschaft versetzt worden. Es gab Gerüchte über Bereitschaftsdienste von Ärzten und Krankenschwestern, Notbetten in Krankenhäusern und eine erhöhte Bereitstellung von Blutkonserven.
Gegen 13:45 Uhr rief Kurt Masur den SED-Kultursekretär Kurt Meyer an, um über die bedrohliche Lage zu sprechen. Sie vereinbarten ein Treffen in Masurs Haus, zu dem auch Roland Wötzel, Jochen Pommert, Peter Zimmermann und Bernd-Lutz Lange eingeladen wurden.
Etwa um 15:00 Uhr trafen sich die "Leipziger Sechs" bei Kurt Masur zu Hause und verfassten gemeinsam den "Aufruf zur Besonnenheit".
Ab 16:00 Uhr verteilte Peter Zimmermann den Aufruf in den Kirchen Leipzigs und um 17 Uhr begannen die Friedensgebete in mehreren Kirchen der Stadt.
Währenddessen sprach Kurt Masur den Aufruf auf Tonband. Dieser wurde zum Rundfunk gebracht, dort vervielfältigt und ab 18 Uhr wiederholt über den Stadtfunk gesendet. Ebenso ab 18 Uhr setzte sich der Demonstrationszug mit etwa 70.000 Menschen in Bewegung.
Gegen 18:30 Uhr erreichten die Demonstranten den Hauptbahnhof. Entgegen der ursprünglichen Pläne gab der 1. Sekretär der SED-Bezirksleitung, Helmut Hackenberg, den Befehl, auf Gewalt zu verzichten und die Demonstranten passieren zu lassen.
Um 20 Uhr begann das geplante Konzert im Gewandhaus zu Leipzig.
Resultate aus dem 9. Oktober 1989
Ein zentrales Moment der Friedlichen Revolution war die Forderung nach einem Dialog, den Parteiführung und Regierung zunächst verweigerten.
Kurt Masur lud wiederholt zu Gesprächsrunden ins Gewandhaus ein, darunter die sechs Unterzeichner des Aufrufs zur Besonnenheit sowie Persönlichkeiten aus Politik, Gesellschaft und Kultur. Das Gewandhaus wurde so zu einem Symbol des freien Meinungsaustauschs. Das Dialogforum gewann zunehmend an Popularität und füllte schließlich das gesamte Foyer. Den Abschluss bildeten die "Leipziger Postulate" - ein Heft, das die Ergebnisse der Dialoge zusammenfasste.
Themen der Dialoge am Karl-Marx-Platz
22. 10. 1989 „Zum sozialistischen politischen System der DDR”
29. 10. 1989 „Sozialistische Demokratie — aber wie?”
5. 11. 1989 „Brauchen wir die Künste wirklich?”
11. 11. 1989 „Probleme des Gesundheitswesens”
12. 11. 1989 „Erwartungen an eine neue Regierung